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Überbetriebliche Ausbildung im Handerk

301 Tage! In Zunftzeiten war es die Anforderung an Gesellen im Handwerk, nach Ihrer „Freisprechung“ auf Wanderschaft zu gehen, auf die sogenannte „Walz“. Diese musste mindestens 301 Tage dauern. Übrigens wird diese Tradition in einigen Handwerken auch heute noch praktiziert. Regelmäßig erscheinen Wandergesellen auf den Geschäftsstellen der Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und Innungen, sagen ihr „Sprüchlein“ auf, kassieren den „Wegzehr“ und lassen sich als „Gastarbeiter“ vermitteln in regionale Handwerksbetriebe. Wer also interessante Geschichten mag, der sollte mal einen Wandergesellen auf seine Reise ansprechen…!

Tatsächlich gab es seinerzeit gute Gründe für diese Wanderschaft. Die jungen Leute sollten auf ihrer Reise herumkommen, neue Erfahrungen sammeln und natürlich handwerkliche Fertigkeiten und Techniken erlernen. Dies war auch nötig, denn der Geselle kannte ja nur seinen Betrieb, seinen Meister und seine Arbeitsweise. Neue Erkenntnisse zu erlangen, Werkzeuge, Materialien und Arbeitsweisen anderer Handwerker kennenzulernen und zu vergleichen war also sehr wichtig für die berufliche Zukunft,

Heute läuft das anders. In unseren Tagen, werden diese Anforderungen besser erfüllt und zwar durch unsere weltweit gelobte „duale“ Ausbildung. Die praktische Arbeit im Betrieb wird ergänzt durch theoretisches Wissen, welches in der Berufsschule vermittelt wird. Allerdings können viele Betriebe aufgrund von schnellem technischem Fortschritt, daraus resultierender Spezialisierung und einem hohem Wettbewerbsdruck, eben doch nicht alle Ansprüche an die geregelte Ausbildung erfüllen.

Hier kommt nun die sogenannte Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, kurz ÜLU ins Spiel. Sie bildet die Schnittstelle zwischen diesen beiden Welten, der Praxis und der Theorie.

Der Grundgedanke der ÜLU ist also orientiert am zuvor beschriebenen Anspruch der Walz: Der Lehrling soll in seiner Ausbildung eben nicht nur von der eigenen Betriebspraxis abhängig sein. Durch die praxisnahe Arbeit in der ÜLU-Werkstatt lernen die Lehrlinge im Team mit Anderen, neue Werkzeuge, Techniken und Materialien kennen. So ergänzt die Überbetriebliche Ausbildung unmittelbar die Qualität der betrieblichen Ausbildung.

Die ÜLU liegt damit im Interesse aller beteiligten Gruppen, der Unternehmer, die das Image und die Qualität ihres Berufs im Auge haben, der Lehrling, die davon profitieren, dass sie optimal ausgebildet sind und natürlich die Verbraucher, die sich darauf verlassen können, dass der Geselle und später der Meister im Handwerk eben die beste Arbeitsqualität liefert. Somit liegt eine klassische WIN-WIN-Situation vor.

Mein Fazit lautet: Ja, klar, ÜLU kostet, aber dass kennen wir doch, Qualität hat eben ihren Preis. Ich bin froh, dass die ÜLU verankert ist im Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung. Übrigens, der weit überwiegende Teil der Ausbildung wird von den qualifizierten Fachbetrieben der Innungen geleistet! Es bleibt zu hoffen, dass die Verbraucher diesen wichtigen Faktor bei der Wahl ihres Handwerkers berücksichtigen.

Mehr Infos zum qualifizierten Raumausstatterhandwerk in Südhessen unter http://www.agsr.de
Text und Bildquelle: Harald Schlapp

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